Das Leben umarmen

Die persönliche Kolumne von Schauspielerin Sarah von Chamier

Meine Geschichte des Überlebens und der Selbstliebe

Eine positive Lebenseinstellung scheint leicht zu haben zu sein, wenn man gesund durchs Leben geht, Glück gehabt hat und größtenteils ohne viele Hürden seinen Weg gehen durfte. Doch fühlen wir uns wirklich gestärkt, wenn unser Leben einfach ist, oder ist es nicht eigentlich so, dass schwere Zeiten uns stark machen?

Ich selbst stand dem Tod gegenüber. Ich sah, wie nahe er mir war und dass ich jeden Moment, in dem ich es zuließ, zu schwach zu sein, mein Leben hätte beenden können. Brustkrebs mit 38. Solange meine Kinder lebten und an mich dachten, selbst wenn ich sie nicht begleiten konnte, bei all dem, was sie noch erleben würden, hätte mich vielleicht unsterblich gemacht. Doch diese Option gab ich ihm nicht, diesem Tumor, der versuchte zu überleben, ohne zu wissen, dass er selbst dabei sterben würde. Ich blieb stark, egal wie schwach mich die Therapie machte. Ich wollte siegen. Ich wollte leben. Und Krebs würde nicht mein Todesurteil sein.

Auch wenn die Diagnose im August 2023 ein schwarzes Loch in mein Leben riss, hielt ich mich stark und aufrecht, selbst in den Momenten, in denen ich zu zerbrechen drohte. Bis zu dem Zeitpunkt einiger Diagnosefehler.

Ärzte sind auch nur Menschen. Meine Intuition zu meinem Körper wurde von den Ärzten in den Gesprächen nicht beachtet und spezifische Fragen zu meiner Behandlung wurden nicht richtig wahrgenommen. Einiges wurde vergessen und ein neuer Befund wurde nicht mit mir besprochen, sodass plötzlich ein weitaus aggressiverer Tumor, Triple negativ, im Raum stand. Zudem wurde ein Satellitenherd nicht markiert und biopsiert, weshalb ich nun unsicher war, ob der noch auf Verdacht markierte Bereich ausreichte, um eine brusterhaltende Operation durchführen zu können. Mein Zynismus musste sich die Frage stellen: "Ob es sich wohl ohne Brüste besser leben ließe?"

Zum Experten für den eigenen Körper werden. Von einem gefühlt völlig gesunden, fitten und vitalen Menschen wurde ich von Mal zu Mal schwächer und kränker, um diese tödliche Erkrankung zu besiegen. Ich wurde zur Expertin meiner Diagnose, recherchierte nach Möglichkeiten, die meine Therapie noch verbessern könnten. Ich las neueste Studien über Ernährung und mögliche Medikamente mit weniger Nebenwirkungen, um meinen Körper so gut es ging zu unterstützen, und führte gesunde Routinen ein. Ich lernte zum ersten Mal in meinem Leben, meine Bedürfnisse über die eines anderen zu stellen. Mein innerer Satz änderte sich von "Du hast die Kraft, die Bedürfnisse anderer über deine eigenen zu stellen" zu "Deine Gefühle, deine Bedürfnisse und dein Leben sind wichtiger als das Wohlgefühl eines anderen Menschen" sowie auch "Du bist dir wichtig. Du stehst für das ein, was du dir von deinem Gegenüber wünschst, und drückst es klar aus".

Meine positive Lebenseinstellung. Ich glaube immer an das Gute im Menschen. Ich glaube daran, dass ein Lächeln mehr bewirken kann als schlechte Gefühle. Ich bin der Mensch, der sich nicht nur selbst viel Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstwirksamkeit sowie vorurteilsfreie Begegnungen wünscht, sondern auch anderen gibt. Alles im Leben hat einen Preis, jede Handlung hat eine Konsequenz, und dennoch dürfen wir uns positiv ausrichten, unabhängig von jedem Schicksalsschlag. Denn auch wenn man es nicht immer glauben kann, hat alles Schlechte auch Gutes in sich. Meine positive Einstellung zum Leben ist ein Vorbild für viele, um die Welt ein wenig freundlicher zu machen. Positive Lebenseinstellungen sind ansteckend, auch für uns selbst.

Eure Sarah von Chamier

Alles ist plötzlich anders…

Sarah Von Charmier

Alles ist plötzlich anders…

Ich bin Sarah, Schauspielerin, Autorin, irgendwie wohl auch Träumerin, Inspirationsgeberin und ich bin eine von Acht. Eine von 8 Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs.

Als ich die Diagnose Brustkrebs bekam, war von jetzt auf gleich alles anders. Ich hatte das Gefühl, dass gerade jetzt meine Schauspiel- sowie auch meine Autorinnenkarriere Fahrt aufnahm. Ich schrieb gerade zwei Drehbücher für verschiedene Genres und wollte jeden Tag noch mehr dazulernen, immerhin hatte ich im Sommer 2022 erst Til Schweiger dabei zusehen dürfen, wie er Filme macht, was für mich eine Rieseninspiration war und woran ich unbedingt anknüpfen wollte. Meine Karriere, an der ich so hart in den letzten Jahren gearbeitet hatte & wegen der ich oft 60 Stunden oder mehr arbeitete, zerfiel in diesem Moment vor meinen Augen. Alle meine Träume und Erfolge, als auch Fehler, Misserfolge und Probleme verloren jeglichen Wert, denn ohne meine Gesundheit war ich nicht fähig, auch nur an eins dieser Dinge anzuknüpfen, zumindest für eine lange Zeit.

Während sich die Welt einfach weiterdrehte, blieb meine plötzlich stehen, um dann nur noch in Zeitlupe weiterzulaufen. Überleben und statt Äußerlichkeiten, Innere Werte erkennen Krebs und die erste Frage in meinem Kopf: Überlebt man das? Darauf so viele weitere, um dann im nächsten Moment nur noch an meine Haare zu denken, die erstmal offensichtlich das kleinste Problem darstellten, mich aber sehr davor schützten, völlig in mir zusammenzubrechen. Immerhin waren meine Haare etwas, was ich noch selbst einigermaßen kontrollieren und beeinflussen konnte.

Meine Motivation war es schon immer, zu inspirieren und Menschen dazu zu befähigen sich selbst vollständig anzunehmen und ich wusste, dass dies jetzt auch der Moment war, das gleiche für mich zu tun und vielleicht dadurch auch so vielen anderen zu zeigen, wie leicht es ist, man selbst zu sein.

Ich entschied mich dazu, die Haare zu verlieren, nicht allein durch die Krankheit bestimmen zu lassen, sondern sie selbstbestimmt schon vorher massiv zu kürzen. Meine hüftlangen, braunen Haare, für die ich viele Komplimente bekam, mussten ab. Es sollte eine aschblonde Kurzhaarfrisur like Marilyn Monroe sein. Wenn ich schon gezwungen war diese Veränderung durchmachen zu müssen, wollte ich sie wie ein Filmstar oder Rockstar nehmen. Ich war sehr überrascht, wie unheimlich gut ich diesen neuen Look fand, der plötzlich ganz viel auch für mich veränderte. Ich definierte mich sehr auch über meine Haare und hatte, wie ich dachte, meine Identität lange gefunden. Niemals hätte ich mich freiwillig von meinen Haaren

getrennt. Der neue Look gefiel mir aber so gut, dass heute sogar meine Perücke kurz und blond ist. Mein Blick nach außen wich einem Blick nach innen und der war wunderschön. Haarverlust & die Wichtigkeit von Öffentlichkeit

Durch meine Entscheidung meine Geschichte auch auf Social Media zu teilen, insbesondere beginnend auf TIKTOK, schauten über 2 Millionen Menschen dabei zu, wie ich meine neuen Haare abrasierte und eine weitere Identität gewann. Eine Glatze zu tragen, wäre vorher noch weniger vorstellbar als kurze Haare für mich gewesen, aber auch diesen Schritt konnte ich nach einigen Tränen verkraften. Ich entdeckte etwas Neues: Schwäche zu zeigen, ist wichtig und richtig, blickte wieder nach Innen und was ich sah, war nur ich und das reichte aus für alles.

Die Wichtigkeit aller meiner Videos wurde mir erst mit der Zeit bewusst, denn innerhalb von vier Wochen folgten mir 35.000 Menschen und bestärkten mich darin positiv zu bleiben, teilten ihre Geschichten mit mir und sagten mir, wie unglaublich sie meinen Mut und meine Stärke fanden. Hinzukamen viele Tipps und Erfahrungsberichte, die mir halfen, die Diagnose Brustkrebs nach und nach immer mehr zu verstehen. Es gab Nachrichten, die mir bewusst machten, wie wichtig dieser offene Umgang auch für andere ist, weil er damit nicht nur aufklärt und sensibilisiert, sondern sich so anfühlen lässt, als wäre man nicht allein. Ich zeigte ungefiltert alles, was mir je nach Verfassung möglich war, weil ich selbst gerne gewusst hätte, welcher Weg mich erwarten würde.

Was Gesundheit bedeutet, wenn man krank ist Was ich auf dem Weg bis jetzt lernen durfte, war, dass jeder Mensch individuell ist, jeder Weg verschieden, jedes Problem, egal wie groß es ist, wichtig ist, ein Vergleich niemals einen

 

Sinn macht, dass es keine Garantien und auch keine vermeintlichen Sicherheiten gibt. Dass Gesundheit mehr wiegt als jeder Erfolg. Wenn man krank ist, ist man bereit alles zu geben, um gesund zu werden. Vielleicht ist der Schlüssel in Gesundheit alles dafür zu geben, nicht krank zu werden. Vorsorge wichtiger zu nehmen. Nicht zu Müssen, sondern beginnen zu Wollen. Sich selbst verzeihen und mehr in Achtsamkeit zu leben. Je sorgsamer wir uns selbst behandeln, umso gesünder wird unser Körper und macht auch unsere Umgebung sensibler. Dazu gehört es auch die eigenen

Grenzen zu kennen, Ruhe einzubauen, die unabhängig jeder Öffentlichkeit und

Außenwirkung ist, da diese Momente nur für uns sind. Meine Diagnose macht mich nach und nach zur Expertin meiner Krankheit und zu Themen wie gesunder Ernährung und dem Umgang mit mir selbst und dem Leben. Bis heute werde ich immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt, die mich mittlerweile das Gesundheitssystem anzweifeln lassen, aber das ist eine andere Geschichte.